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Landespastorin zum Koalitionsvertrag

Pressemeldung :Unterzeichnung Koalitionsvertrag: „In der Pflege und zur Armutsbekämpfung braucht es konkretere Schritte“

Zur Unterzeichnung des Koalitionsvertrags durch SPD und Grüne begrüßt die Diakonie Hamburg das darin enthaltene klare Bekenntnis zu sozialer Verantwortung und den Willen, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.
Datum:
29. Apr. 2025

Allerdings fehle es bei Themen wie Pflege und Armutsbekämpfung an konkret formulierten Zielvorstellungen. Landespastorin Annika Woydack, Chefin der Hamburger Diakonie: „Der Koalitionsvertrag spricht eine Sprache der Solidarität. Das ist ein wichtiges Zeichen in diesen Zeiten und macht Hoffnung. Aber entscheidend wird sein, ob die Vorhaben auch entschlossen umgesetzt werden.“ 

Besonders hervorzuheben sei, dass Pflege als zentrale Zukunftsaufgabe anerkannt werde. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Pflege ist das große sozialpolitische Thema unserer Zeit. Es betrifft nahezu alle Familien und fordert diese auf besondere Weise“ (Seite 101). Gemessen daran seien die konkret genannten Ziele und Maßnahmen aber bei Weitem nicht ausreichend.    

Annika Woydack: „Pflege braucht echte Reformen. Wir begrüßen ausdrücklich, dass eine weitere Flexibilisierung der Fachkraftquote kommen soll.“ Zugleich erinnert sie: „Damit Pflege gelingen kann, brauchen wir dringend mehr Fachkräfte. Das ist die große Herausforderung, da braucht es mehr Anstrengungen. Helfen würden zum Beispiel schnellere Verfahren bei der Anwerbung und Anerkennung von Pflegepersonal aus dem Ausland.“ Positiv hervorzuheben sei die Verstetigung der hauptamtlichen Unterstützung für die Senior*innentreffs.

Auch Armutsbekämpfung wird im Vertrag als politische Pflicht benannt: „Armut, Diskriminierung und Einsamkeit verstärken soziale Spaltung und können demokratiegefährdende Folgen haben; dem werden wir entschlossen entgegentreten“ (Seite 82). „Ich finde es ermutigend, dass Armut und insbesondere Kinderarmut adressiert werden“, so Woydack. „Wir hätten uns aber noch konkrete Verbesserungsvorschläge und Maßnahmen gewünscht, gerade für Alleinstehende und Familien in prekären Lebenslagen.“  

Mit Sorge betrachtet die Diakonie zudem eine zunehmende Vermischung von Sozial- und Ordnungspolitik: „Wir nehmen wahr, dass Armut und Hilfsbedürftigkeit – etwa am Hauptbahnhof – immer häufiger im Zusammenhang mit Fragen von öffentlicher Ordnung und Sicherheit diskutiert werden“, erklärt Woydack. „Diese Verknüpfung sendet das falsche Signal: Bedürftigkeit ist keine Bedrohung. Menschen in Not brauchen in erster Linie Unterstützung und einen respektvollen Umgang – keine sicherheitspolitische Behandlung. Die Stärkung von Straßensozialarbeit begrüßen wir.“ 

Ein Sonderfall sind die Themen Migration und Integration. Hier erkennt die Diakonie zwar das klare Bekenntnis zur Vielfalt Hamburgs, sieht aber eine Gefahr darin, sich dem bundespolitischen Kurs nicht deutlicher entgegenzustellen. Der Vertrag hält fest: „Hamburg ist eine weltoffene Stadt, in der Menschen gemeinsam in Vielfalt leben. In dieser Vielfalt sehen wir Hamburgs Erfolgsfaktor, den Grund für die Attraktivität unserer Stadt, den wir erhalten wollen“ (Seite 90).  Woydack: „Die hier festgeschriebene Offenheit steht allerdings im Widerspruch zu bundespolitischen Vorhaben, die etwa den für die Integration wichtigen Familiennachzug aussetzen und Aufnahmeprogramme beenden sollen. Hamburg will diese offenbar unterstützen (Seite 147). Wir appellieren an die neue Landesregierung, ihre Haltung hier zu überdenken.“

Die Diakonie Hamburg steht gerne für Interviews und O-Töne zur Verfügung. 

In einer ersten Bewertung hatte sich die Diakonie bereits zur Wohnungspolitik und der Refinanzierung sozialer Dienstleistungen geäußert.